Die Geschichte des Hochbunkers in Bonn-Poppelsdorf

Früher Schutzraum und Wohnraum, heute Kulturraum...

Der Hochbunker Poppelsdorf wurde während des Zweiten Weltkriegs als Luftschutzbunker errichtet und bot damals Schutz für Hunderte von Menschen. Nach dem Krieg verlor der Bunker seine ursprüngliche Funktion und diente über viele Jahre als Studentenwohnheim. Trotz zahlreicher Umgestaltungen in den Folgejahren, blieb die massive Architektur des Bunkers als ein beständiges Symbol der Vergangenheit erhalten.

Der Bau des Poppelsdorfer Hochbunkers an der Trierer Straße 24 wurde 1941 begonnen, nachdem die Stadt Bonn ein Jahr zuvor auf die Liste der Luftschutzorte erster Klasse des Sofortprogramms zur Errichtung von Luftschutz-Sonderbauten hinzugefügt worden war. Der dreigeschossige Bunker erstreckt sich insgesamt über eine Fläche von 850 Quadratmetern und verfügte einst über 105 Liege- und 724 Sitzplätze. Da der Schutzraum des Bunkers mit bis zu 4,50 Meter dicken Betonwänden und 1,40 Meter starken Betondecken sichtbar oberhalb der Erde aufragt, handelt es sich um den Bautyp eines Hochbunkers. Zugleich weist der Bau an der rückwärtigen Seite aber auch zwei unterirdische, 20 Meter tief gelegene Stollen als Schutzräume auf, die 44 Meter in den Hang des Kreuzbergs hineinragen. Strenggenommen, handelt es sich bei dem Poppelsdorfer Bunker insofern um eine Mischform aus Hoch- und Stollenbunker. Die Stollen des Poppelsdorfer Bunkers sind jeweils 3,50 Meter breit und besitzen über 60cm starke Ziegelmauern. Ursprünglich wurden sie von Zellen unterteilt, die heute jedoch nicht mehr vorhanden sind. Der Zugang zum Bunker erfolgt ausschließlich über die Trierer Straße.

                          Poppelsdorfer Hochbunker
 

Weitere Impressionen aus dem Bonner Stadtarchiv

Poppelsdorfer Hochbunker
Poppelsdorfer Hochbunker
Poppelsdorfer Hochbunker
Poppelsdorfer Hochbunker
Poppelsdorfer Hochbunker
Poppelsdorfer Hochbunker
Poppelsdorfer Hochbunker
Poppelsdorfer Hochbunker

Während der Bunker selbst die Bombenangriffe auf die Stadt allesamt unbeschädigt überstand, gab es in der Bonner Innenstadt massive und verheerende Zerstörungen, die einen Wohnraumverlust von 95% zur Folge hatten. Der dadurch vorherrschende Wohnraummangel verschärfte sich noch durch einen starken Zuzug von Studierenden. Mehrere Abiturjahrgänge gleichzeitig strebten nach Kriegsende das Studium an der Bonner Universität an, da neben den neuen Studienbewerber*innen auch die ehemaligen Studenten zurückkehrten, denen durch Einführung des Wehrdienstes und durch den Kriegseinsatz die Fortführung ihres Studiums verwehrt geblieben war.

Die Stadt sah sich bezüglich der Unterbringung aller Studierenden vor eine immense Herausforderung gestellt und richtete im Juli 1945 sogar extra einen Universitätswohnungsausschuss ein, der Unterkünfte an Studierende vermitteln sollte. Im Oktober 1945/46 zeichnete sich nach Festlegung der endgültigen Studierendenzahlen ab, dass in den bis dahin eingerichteten Quartieren nicht alle Studierenden untergebracht werden konnten. Daraufhin stellte die Stadt der Universität Bonn 1948 zuerst den Poppelsdorfer Bunker in der Trierer Straße als Unterbringung zur Verfügung, ein halbes Jahr später auch den Bunker in der Theaterstraße. Bis heute gelten diese Studentenbunker als eine „Bonner Besonderheit“ und als „kulturhistorisch[es] Kuriosum.“

Fotoserie von Käthe Augenstein

Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein
Fotoserie von Käthe Augenstein

Der Bunker in Poppelsdorf beherbergte fortan eine studentische Männer-Wohngemeinschaft („Wohngemeinschaft Poppelsdorf e. V.“). Damenbesuch war laut Hausordnung nur bis 23 Uhr erlaubt. Das durchschnittliche Alter der Bewohner betrug 30 Jahre und war somit überdurchschnittlich hoch. Dies ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass viele Studenten ihr Studium wegen des Kriegseinsatzes erst mit Verzögerung beginnen bzw. fortsetzen konnten.

Nach heutigen Maßstäben waren die Wohnverhältnisse im Poppelsdorfer Bunker katastrophal:  Die Bewohner waren in winzigen, spärlich eingerichteten Ein- oder Zweibettzellen ohne Fenster untergebracht, in denen die Luft trotz automatischer Lüftung dauerhaft stickig blieb. Es gab nur einen Waschraum für alle Bewohner. Schmale Treppen und Gänge wurden lediglich von trüben Lampen erhellt und bei häufig vorkommenden Stromausfällen fiel die Beleuchtung sogar gänzlich aus. Im November 1946 saßen die Studenten der Bonner Bunker infolge neu eingeführter Stromsperrzeiten täglich sogar mehrere Stunden im Dunkeln, da ein eigentlich vorgesehener Generator wegen Ölmangels letztlich nicht in Betrieb genommen werden konnte. Die natürliche Temperatur im Poppelsdorfer Bunker lag ganzjährig bei ungefähr 8 bis 10 Grad Celsius, sodass die studentischen Bewohner gezwungen waren, elektrische Heizöfen in ihren Zimmern aufzustellen. Trotz Heizung herrschte eine relative Dauerkälte in den Wohnräumen vor. Strom gab es im Bunker zwar umsonst, allerdings waren auf den Zimmern selbst keine Steckdosen. Folglich mussten die Studenten die Hauptstromleitungen auf den Gängen anzapfen und eigenständig Leitungen in ihre Zimmer verlegen. Das Resultat war ein wildes, unübersichtliches Gewirr von Drähten.

Auch wenn die Wohnverhältnisse im Bunker aus heutiger Sicht äußerst miserabel und unbefriedigend waren, hatte das Wohnen in solch einer ausgefallenen Unterkunft für die Studenten damals durchaus seinen Reiz. Die Attraktivität der Bunker bestand vor allem in einer ausgesprochen günstigen Miete. Pro Monat kostete die Unterkunft im Poppelsdorfer Bunker nur etwa 15 Mark. Auf dem freien Wohnungsmarkt hätten die Studenten laut eigener Aussage keine Unterkunft unter 100 DM im Monat finden können. 1950 ergab eine Erhebung zur Sozialstruktur aller Bunkerbewohner, dass nur 8% der Bewohner auf der Suche nach einer neuen Bleibe waren, während 88% der Bewohner wegen der günstigen Miete im Bunker wohnen bleiben wollten oder mussten.

Ein weiterer Vorteil des Lebens und Wohnens im Bunker bestand in einem relativ hohen Maß an Freiheiten, dadurch dass die Studentenbunker in der Regel von den Studenten selbst verwaltet wurden. Zudem herrschte im Wohnheim trotz der widrigen Umstände immerzu eine gesellige, lebendige Stimmung und viele Studenten genossen das Zusammenleben vor Ort. So betonte ein ehemaliger Vertreter des Poppelsdorfer Bunkers die große Hilfsbereitschaft und das ausgeprägte Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Bewohnern.

Im Mai 1952 versuchte das Studentenwerk die Schließung aller Bunker zu bewirken, da bereits 1950/51 auf Initiative des Studentenwerks mit dem Wiederaufbau zerstörter Studentenwohnheime begonnen worden war, die weitaus komfortablere Wohnmöglichkeiten für die Studenten boten als die Bunker. Eine menschenwürdige Unterbringung aller Bonner Studenten besaß für das Studentenwerk oberste Priorität und damit einhergehend die schnellstmögliche Beseitigung der lediglich als „kriegsbedingtes Provisorium“ angesehenen Studentenbunker. Das Studentenwerk musste aber feststellen, dass viele Bunkerbewohner ihre Unterkunft trotz der alternativen Wohnmöglichkeiten nicht verlassen wollten. Auf mehrere Räumungsversuche reagierten die Studenten mit lautem, vehementem Protest. Mit Hilfe des AstA wurde sogar eigens eine Bunkerkommission ins Leben gerufen, um die Auflösung der Bunker abzuwenden. Trotz anhaltender Verhandlungen zwischen Bunkerkommission und Studentenwerk wurde jedoch an dem Vorsatz festgehalten, bis zum Herbst 1952 alle Studentenbunker zu schließen und der Bau der neuen Wohnheime bedingte letztlich das endgültige Verschwinden vom Nachkriegstyp des Studentenbunkers.

Nach Auflösung des Studentenwohnheims stand der Poppelsdorfer Bunker lange Zeit leer, einige Nutzungsversuche scheiterten bereits in der Konzeptions- bzw. Genehmigungsphase. Erst die Initiative der Dr. Hans Riegel-Stiftung, den Hochbunker als Kunst- und Kulturraum für Studierende wiederzuerschließen, führte nach gut zweieinhalb Jahren Arbeit zum Erfolg...